Organspende – Klarheit schaffen

16. September 2013

Dr. Rene Tomingas referierte beim SPD Ortsverein Rückersdorf über die aktuelle Situation bei der Organspende

SPD - Brandaktuell ist derzeit das Thema Organspende. Nicht nur wegen der aktuellen juristischen Aufarbeitung des sog. Organspende-Skandals, sondern primär wegen der anstehenden persönlichen Entscheidung über eine mögliche Organspende. Viele Mitbürgerinnen und Mitbürger haben in den vergangen Tagen von ihrer Krankenkasse Post mit Informationen zur Organspende inklusive einem Organspende-Ausweis erhalten. Nach Willen des Gesetzgebers soll nach der neuesten Novellierung des Transplantationsgesetzes (TPG) jeder Bürger selbst darüber entscheiden ober er nach seinem Tod einer Organspende zustimmt oder nicht.

Um seine persönliche Entscheidung auf einer möglichst breiten Basis zu treffen, hatte der SPD Ortsverein Rückersdorf mit dem ehemaligen Chefarzt des Krankenhauses Schnaittach, Dr. Rene Tomingas, einen ausgewiesenen Experten zu diesen Thema eingeladen.

An den Beginn seines sehr informativen Vortrages stellte der Referent einige bemerkenswerte Zahlen. Derzeit warten 12.000 Menschen auf ein Spenderorgan. Täglich kommen 14 hinzu. Täglich werden 12 Organe transplantiert. Täglich sterben 3 Menschen auf der Warteliste. Auf Grund des sog. Organspende-Skandales gingen die Spenden leider drastisch zurück. Waren es vor dem Skandal 100 Spender, so sind es derzeit noch etwa 75 Spender pro Monat. Doch auch die Zunahme der Patientenverfügungen mit einem Ausschluss von intensivmedizinischer Behandlung und die Verbesserung der Verkehrssicherheit mit einem erfreulichen Rückgang der Schwerstkopfverletzten sind weitere Gründe für den derzeitigen Negativtrend bei den Organtransplantationen.

Im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn stehen wir in der Bundesrepublik im hinteren Mittelfeld bei den Transplantationen. Sind es in Spanien und Portugal 37 bzw. 27 Organspenden auf 1 Million Einwohner, so kommen wir bei uns gerade einmal auf 15 Spenden mit sinkender Tendenz.

Um diesen Zustand zu verbessern hat der Deutsche Bundestag zum 1. November 2012 eine Novelle des seit 1997 bestehenden Transplantationsgesetzes beschlossen. Wesentlicher Bestandteil dieser Gesetzesänderung ist die sog. „Entscheidungslösung“. Hier kann jeder Versicherte ab dem 16. Lebensjahr gegenüber seiner Krankenkasse sein Einverständnis, bzw. seine Ablehnung zu einer Organentnahme erklären. Man kann diese Entscheidung auch auf einen persönlichen Organspende–Ausweis vornehmen, den man dann immer bei sich tragen sollte. Diesen Ausweis bekommt jeder Krankenversicherte in regelmäßigen Abständen von seiner Kasse zugesandt. Ist zum Todes-Zeitpunkt keine Entscheidung festgelegt, werden weiterhin die Angehörigen zu einer Organspende befragt.

Eine bessere Lösung wäre nach Ansicht des Referenten jedoch die erweiterte Widerspruchslösung gewesen, bei der jeder Verstorbene als Spender in Frage kommt, es sei denn, er hat zu Lebzeiten ausdrücklich einer Spende widersprochen. Diese Regelung, die bei einem Großteil unserer europäischen Nachbarn greift, war jedoch quer durch alle Bundestagsfraktionen derzeit noch nicht mehrheitsfähig. Erfreulich ist aber auch, dass alle Kirchen die derzeitige Praxis mittragen.

Einen breiten Teil seines Vortrags nahm natürlich der medizinische Aspekt bei den Organspenden ein. So erläuterte er ausführlich die Feststellung des Hirntodes durch zwei unabhängige Fachärzte. Diese Diagnose ist eine der sichersten in der Medizin. Auch die Vermittlung des zu verpflanzenden Organs über die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) und über Eurotransplant in Leiden in den Niederlanden stelle Dr. Tomingas umfassend dar. Dass dies im Regelfall innerhalb sehr kleiner Zeitfenster geschieht, beeindruckte die interessierten Zuhörer sehr.

Dass man bei den Organtransplantationen sehr gute Ergebnisse aufweisen kann zeigt sich aus den vorliegenden Statistiken. So habe beispielsweise 85% der Nierentransplantierten eine Überlebensrate von über 5 Jahren. Bei den Leberübertragungen sind es 70 %. Voraussetzungen sind jedoch lebenslange medizinische Immunsuppressionen, regelmäßige ärztliche Kontrollen, eine gute Körperhygiene, Krebsvorsorge und natürlich eine gesunde Lebensweise.

Dr. Rene Tomingas schloss seinen Vortrag mit einem Blick in die Zukunft der Organspende. Hier liegt der Schlüssel zum Erfolg auch in der Information der Bürger und im Dialog mit den Bürgern. Dabei geht es darum, die bestehenden Vorurteile, Missverständnisse und verständlichen Ängste mit den richtigen Antworten sicher aus dem Weg zu räumen und den Weg frei zu machen für die Organspende als einen Akt der Nächstenliebe und als etwas Selbstverständliches zu begreifen.

Das Foto zeigt Dr. Rene Tomingas, zusammen mit dem Ortsvereinsvorsitzenden Jakob Brückner und den Gemeinderäten Heidi Sponsel, Claudia Amm und Rüdiger Paulus, die sich den sehr informativen Vortrag nicht entgehen ließen.

Foto: © by Klaus Sponsel

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